Aus Forschung wird Gesundheit

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BIH_Podcast_15_Wie ist die aktuelle Lage mit dem neuen Coronavirus?

Interviewpartner: Professorin Susanne Herold, Professorin für Lungenkrankheiten am Unikversitätsklinikum Giessen, Leiterin der Abteilung für Infektiologie

Seltmann: Herzlich willkommen zum BIH-Podcast „Aus Forschung wird Gesundheit“ aus dem Berlin Institute of Health. Wir wollen in diesem Podcast Fragen beantworten rund um das Thema Gesundheit und Gesundheitsforschung. Mein Name ist Stefanie Seltmann.

Heute spreche ich mit Professorin Susanne Herold, die hier am BIH einen Vortrag gehalten hat. Sie ist Professorin für Lungenkrankheiten am Universitätsklinikum Giessen, dort leitet sie die Abteilung für Infektiologie. Eigentlich beschäftigt sie sich hauptsächlich mit dem Grippevirus, das eine gefährliche Infektion hervorrufen kann, aber aktuell beschäftigt sie sich natürlich auch mit dem neuen Coronavirus Sars CoV2 und die von ihm hervorgerufenen Lungenkrankheit CoVid 19. Mehr als 60.000 Fälle sind aus China gemeldet, Experten vermuten aber, dass es noch mehr sein könnten, weil gar nicht alle Fälle erfasst werden könnten. Frau Professor Herold, was glauben Sie, ist die Dunkelziffer womöglich noch höher? (1: 03)

Susanne Herold: Ja, es ist gut möglich, dass die Dunkelziffer höher ist, denn wir wissen jetzt, dass viele Infektionen oligosymptomatisch oder möglicherweise auch asymptomatisch verlaufen, das heißt mit ganz wenigen Symptomen oder vielleicht auch ganz ohne Symptome. Das heißt, die Dunkelziffer ist möglicherweise oder sagen wir relativ wahrscheinlich höher, als wir sie aktuell auch annehmen.

Seltmann: Oligosymptomatisch oder asymptomatisch heißt, die Infizierten werden gar nicht krank?

Susanne Herold: Richtig. Also es kann sein, dass nicht kranke Patienten oder sehr wenig kranke Patienten eben auch das Virus übertragen können. Da wird es in der nächsten Zeit wahrscheinlich auch intensive Forschungsbemühungen dazu geben. Und das ist natürlich ein bisschen schwierig im Sinne der Begrenzung dieser Erkrankung. Denn Menschen, die sehr wenig oder gar nicht krank sind, das Virus aber trotzdem übertragen können, dann kann man die nicht erfassen. Und die gehen natürlich auch nicht zum Arzt und werden dann aber auch in den Statistiken eben nicht erfasst.

Seltmann: Wovon hängt das denn ab, ob man krank wird oder nicht krank wird?

Susanne Herold: Das ist völlig unklar. Es ist völlig unklar, welche Menschen einfach ganz, ganz, ganz milde Symptome haben oder welche Menschen schwerere Erkältungssymptomatiken haben mit Fieber oder Husten. Und dann gibt es ja noch die immer noch relativ wenigen, die wirklich schwerkrank werden. Auch das ist bisher noch nicht klar. Wir wissen aber dass ein großer Prozentsatz, über 50 Prozent der Menschen, die wirklich schwerkrank sind oder an dem Virus auch versterben, vorerkrankt sind. Das heißt, sie haben zum Beispiel Lungenerkrankungen oder andere schwerere internistische Erkrankungen, die sie eben dafür empfänglicher machen. Und wir kennen das aber auch von anderen solchen Viruserkrankungen. Bei der Influenza ist das ganz ähnlich, dass solche Menschen eben dann auch schwerer erkranken.

Seltmann: Nun hat man aber diesen jungen Augenarzt, der das Virus als Erstes entdeckt hat, vor Augen, der ja jung war, Anfang 30 und offensichtlich gesund und der auch verstorben ist.

Susanne Herold: Richtig. Also offenbar gibt es tatsächlich auch Menschen, die, warum auch immer, dann sehr schwere Verläufe haben, ohne dass sie vorerkrankt sind. Aber auch das kennen wir bei der Influenza. Dazu gibt es im Feld Influenza intensive Forschungsbemühungen. Man weiß, dass bestimmte genetische Voraussetzungen für solche schweren Verläufe, relevant sind oder dann eben dafür prädestinieren. Aber man kann das nicht immer so sagen. Und tatsächlich, ja, gibt es eben auch die Jungen, Gesunden, die an einer Influenzainfektion versterben und eben offenbar auch an einer Coronavirusinfektion. Aber man muss sagen, das sind die Allerwenigsten.

Seltmann: Wie verläuft denn eigentlich die Krankheit mit diesem Coronavirus? Womit beginnt sie? Hat man Husten oder Schnupfen oder geht es gleich mit einer Lungenentzündung los?

Susanne Herold: Ja, das ist ganz unterschiedlich. Manche Patienten haben Erkältungssymptome, wie Sie sagen, Husten, Fieber, manchmal auch Schnupfen, Halsschmerzen. Manche Patienten bekommen dann eben eine Lungenentzündung, die auch verschiedene Schweregrade haben kann. So dass man eben noch ganz normal sich bewegen kann, oder auch dann, dass sie schwerer verläuft und man intensivmedizinisch behandelt werden muss. Wie gesagt, auch das in den selteneren Fällen. Aber es ist ganz unterschiedlich.

Seltmann: Was genau macht denn das Virus? Es befällt die Zellen in der Lunge und zerstört sie? Oder wie kann man sich das vorstellen?

Susanne Herold: Ja, man kann sich das so vorstellen: Ein Virus braucht, um sich zu vermehren, immer eine Zelle. Das heißt, es sucht sich quasi einen Wirt. Und im Moment ist davon auszugehen, dass das eben die Zellen des oberen Respirationstraktes sind.

Seltmann: Des Atemtraktes.

Susanne Herold: Genau, des Atemtraktes, also der Nasen-Rachen-Raum wahrscheinlich zunächst, weil das ja höchstwahrscheinlich über eine Tröpfcheninfektion auch verbreitet wird. Und dann kann es schon sein, dass diese Zellen zerstört werden. Das ist aber im oberen Atemtrakt nicht so relevant. Das ist vor allem dann relevant, also kritisch, wenn das tief, in die tiefen Atemwege geht und dann auch noch zusätzlich eine Immunreaktion erfolgt, die dann natürlich versucht, das Virus zu bekämpfen. Aber da braucht es immer eine sehr gute Balance. Und manchmal verläuft diese Immunreaktion dann eben auch so schwer, dass dabei Zellen weiter zu Grunde gehen und Lungengewebe zugrunde geht und es dann zu so einer Art Lungenversagen kommen kann.

Seltmann: Das heißt, dann zerstört nicht das Virus das Lungengewebe, sondern das eigene Immunsystem?

Susanne Herold: Ja das Virus tut es natürlich auch, denn, wenn sich ein Virus in so einer Zelle vermehrt, geht die Zelle üblicherweise zugrunde. Aber dazu kommt eben dann die Immunreaktion, die bisweilen auch unkontrolliert verlaufen kann. Das wissen wir zumindest von der Influenza. Zu dem neuen Coronavirus gibt es da ganz wenige Daten, eigentlich nur klinische Daten und noch nicht gute experimentelle Daten. Das wird jetzt erst alles begonnen.

Seltmann: Gibt es Medikamente?

Susanne Herold: Im Moment gibt es keine Medikamente, die gegen das Coronavirus gerichtet sind. Es gibt natürlich verschiedenste Forschungsbestrebungen auf diesem Feld, unter anderem auch in meiner Arbeitsgruppe. Aber im Moment ist die Behandlung supportiv, wie wir das nennen, also symptomatisch, so dass man eben die Symptome wie Kopfschmerzen etc. oder Husten mildern kann oder dann später bei einer Lungenentzündung, wenn die schwer verläuft, eben auch im Notfall eine intensivmedizinische Behandlung mit gar bei wenigen Fällen einer Beatmung notwendig ist. Aber wie gesagt, das ist nur supportiv und nicht spezifisch.

Seltmann: Sie selbst entwickeln Medikamente oder arbeiten daran, neue Medikamente zu entwickeln gegen das Virus. Wie gehen Sie da vor, wie sucht man danach?

Susanne Herold: Ja, häufig ist es so, dass man sogenannte Screens macht, also dass solch eine Art Banken von Substanzen genutzt werden, und man gibt das dann großformatig auf Zellen, die mit Virus infiziert sind, und guckt, wo man denn dann weniger Virus am Ende sehen kann. Aber es kann natürlich auch mal sein, dass man über einen anderen Weg darauf kommt, dass man sagt, wir haben gesehen, wir wissen, bestimmte Anteile des Coronavirus, bestimmte Proteine interagieren mit Proteinen von der Wirtszelle, und dass man da dann spezifisch hingeht und das zum Beispiel verhindert. Denn das Virus braucht immer auch einen Wirt oder die Proteinmaschinerie des Wirtes, um selber sich vermehren zu können. Und das sind immer gute Angriffspunkte für neue antivirale Medikamente.

Seltmann: Kann man auch so vorgehen, dass man bereits bekannte Medikamente testet, ob sie vielleicht zufällig wirken?

Susanne Herold: Ja, genau. Das haben wir getan. Wir haben eine Klasse von Medikamenten entdeckt, die tatsächlich mit einem Protein des Coronavirus interagiert, und zwar nicht nur von einem Coronavirus, sondern von verschiedenen, sodass wir denken, dass das möglicherweise ein Therapieansatz sein kann, der für verschiedene Coronaviren in Betracht kommt, unter anderem dann vielleicht auch für das neue. Das überprüfen wir jetzt gerade. Und das ist natürlich immer gut, wenn man eine Substanz schon kennt, wenn die vielleicht sogar möglicherweise schon für eine andere Indikation im Patienten war. Dann weiß man, dass das gut vertragen wird, und kennt das sehr gut. Und das sind natürlich dann immer ganz gute Möglichkeiten auch für neue Therapien, die schneller auf den Markt kommen können.

Seltmann: Das könnte dann schneller gehen. Aber trotzdem wird es ja wahrscheinlich noch eine Weile dauern, bis man jetzt richtige Medikamente gegen speziell dieses Virus findet.

Susanne Herold: Richtig, genau. Es ist nicht zu erwarten, dass man jetzt Medikamente auf den Markt bringen kann in den nächsten Wochen, die gegen diesen Ausbruch, die das Ausbruchsgeschehen jetzt auch noch abmildern können, sondern das ist immer eine Sache von Jahren, bis so ein Medikament zur Zulassung kommt für eine solche neue Indikation. Und, ja, natürlich muss man da jetzt dran arbeiten. Genauso gilt das für die Impfungen. Aber es ist nicht zu erwarten, dass innerhalb von kurzer Zeit von Wochen jetzt was zur Verfügung steht.

Seltmann: Wenn man so ein Medikament sucht, wie geht man denn da vor? Man hat ja wahrscheinlich nicht Coronavirus-infizierte Menschen im Labor, die man dann sozusagen ausprobiert zu heilen, sondern haben Sie da Zellkulturen oder machen Sie das an Mäusen? Wie untersucht man das? Ist das auch gefährlich, wenn man so ein Virus im Labor hat?

Susanne Herold: Ja, also zunächst einmal vielleicht zur letzten Frage: Das neue Coronavirus oder auch andere Coronaviren, mit denen wir arbeiten, zum Beispiel das MERS-Coronavirus, wird in die Sicherheitsstufe 3 einklassifiziert. Das heißt, es gibt ganz klare Richtlinien, wie man mit dem Virus umzugehen hat, wie man sich selbst zu schützen hat und wie die Sicherheitsvorkehrungen im Labor zu sein haben, dass also eine Infektion nicht passieren kann. Und an die muss man sich natürlich auch ganz strikt halten. Zu den Modellsystemen ist es so, dass wir ein kombiniertes Verfahren machen, indem wir menschliche Zellen infizieren und insbesondere dann auch Zellen aus dem menschlichen Atemwegstrakt, dass man also natürlich möglichst das nachspielt, was im Menschen auch passiert. Und dann ist aber natürlich auch wichtig, weil man mit so einzelnen Zellkulturen ja relativ schlecht eine Immunreaktion nachspielen kann, dass man dann doch in den Ganztierorganismus geht, um solche Fragestellungen zu klären. Und in der letzten Zeit haben wir vermehrt Organoide benutzt, das heißt, das sind neue In-Vitro-Modelle, wo man also quasi kleine Lungen züchten kann aus Stammzellen und man dann damit auch ein bisschen besser als in der Zellkultur mit der entsprechenden dreidimensionalen Struktur der Lunge und einer Infektionsausbreitung, wie sie dann vielleicht auch im Menschen passiert, besser modellieren kann und dann auch entsprechend natürlich noch ein bisschen näher am Menschen ist.

Seltmann: Jetzt haben Sie es eben schon angesprochen: Es wird auch an einem Impfstoff gearbeitet. Wie weit ist man denn da schon?

Susanne Herold: Ja, es hat vor allem während der MERS-Epidemie Bestrebungen gegeben, neue Impfstoffe gegen Coronaviren zu etablieren. Und das ist Gott sei Dank auch relativ weit vorangekommen, sodass es hier jetzt auch schon sogenannte Plattformen gibt, für die man Impfungen gegen neue Coronaviren austesten kann. Aber auch da wird es natürlich jetzt noch eine Weile dauern, und wir werden höchstwahrscheinlich keinen Impfstoff zur Verfügung haben, der die aktuelle Ausbruchssituation abmildern kann.

Seltmann: Wenn man eine solche Infektion überstanden hat, ist man dann eigentlich immun gegen das Virus wie bei einer Masern- oder Mumpsinfektion?

Susanne Herold: Auch das wissen wir noch nicht hundertprozentig. Es ist davon auszugehen. Man weiß, dass Menschen gegen Coronaviren entsprechende Antikörper entwickeln können. Und es wird jetzt auch geprüft, ob man solche Antikörper isolieren kann und dann quasi auch als Medikament ...

Seltmann: Als passive Impfung sozusagen?

Susanne Herold: Genau. Im Prinzip ... wie eine Art passive Impfung. Aber wir wissen natürlich noch nicht genau, wie gut neutralisierend diese Antikörper sind und wie gut sie dann am Ende wirklich auch eine Infektion verhindern oder abmildern können.

Seltmann: Beim Grippeimpfstoff ist es ja so, dass man jede Saison einen neuen Impfstoff entwickeln muss, weil sich das Virus immer weiterentwickelt. Wäre das bei dem Coronavirus auch zu erwarten?

Susanne Herold: Das ist nach aktueller Datenlage eher nicht zu erwarten, weil die Coronaviren eher stabil sind in ihrem Genom, also weil sie nicht so schnell mutieren wie die Influenzaviren. Man kann es natürlich noch nicht voraussagen. Aber es ist eher nicht zu erwarten, dass man da so eine Art jährliche Epidemiesituation mit einem neuen Virus hat. Das ist ganz typisch für die Influenza, aber nicht für die anderen respiratorischen Viren.

Seltmann: Was empfehlen Sie denn, sollte man sich schützen zum Beispiel mit einem Mundschutz, ständiges Händewaschen, wenigstens gegen Grippe impfen?

Susanne Herold: Ja, also einen Mundschutz tragen ist aktuell in Deutschland nicht empfohlen. Aber man sollte schon entsprechende Händehygiene durchführen. Das empfehlen wir übrigens immer in der Erkältungssaison oder vor allem in der Grippesaison jetzt. Das schützt schon vor Infektionen. Und dann sollte man natürlich, wenn man selbst erkältet ist oder selbst erkrankt ist, entsprechende Husten- oder Niesetikette betreiben. Also nicht in die Hand husten und dann wieder irgendwo dranfassen, sondern natürlich auch versuchen, andere Menschen vor einer Infektion zu schützen.

Seltmann: Man sieht ja teilweise erschreckende Bilder aus China, dass die Krankenhäuser mit dem Ansturm an infizierten und kranken Leuten völlig überfordert sind. Wie sind wir dann darauf vorbereitet, falls die Epidemie doch nach Deutschland schwappen könnte? Bereiten Sie womöglich in Gießen am Krankenhaus schon Ihre Intensivstationen vor?

Susanne Herold: Im Moment ist das noch nicht auf der Agenda. Wir sind natürlich in Deutschland jetzt an einem Punkt, wo wir schon uns Gedanken machen, wie machen wir das, wenn das Virus jetzt nach Europa kommt und sich da ausbreiten kann. Die Behörden haben verschiedene Maßnahmen auch ergriffen, und es wird weiterhin versucht, dass man keine neuen Infektionen in Deutschland hat bzw. dass man Ausbreitungen dann direkt verhindert. Das ist ja auch sehr gut gelungen. Da gibt es diese beiden Beispiele: Einmal in Bayern, da hat man die Kollegen gut gemonitort und hat dann natürlich auch Fälle schnell identifizieren können und die Patienten isolieren können. Und auch bei den Rückholern aus Wuhan, die in der Nähe von Frankfurt untergebracht sind, hat man es ganz korrekt gemacht und damit natürlich auch eine Ausbreitung verhindern können. Dass das jetzt so bleibt, da wissen wir noch nicht genau. Es kann gut sein, dass wir eben Infektion haben werden, aber durch entsprechende Maßnahmen kann man möglicherweise dann auch verhindern, dass es zu größeren oder, ja, hohen Zahlen an Infizierten kommen wird, so wie wir es jetzt in China sehen. Das ist natürlich eine Ausnahmesituation. Aber die deutschen Krankenhäuser oder auch die Unikliniken, aber auch alle Krankhäuser sind jetzt quasi in der Hab-Acht-Stellung, und wir sind auch da drauf vorbereitet. Also es ist nicht damit zu rechnen, dass wir hier in Deutschland Situationen haben, wie wir sie jetzt in Wuhan oder in der Provinz Hubei aktuell haben.

Seltmann: Irgendwann hört ja eine solche Epidemie auch wieder auf. Was passiert da eigentlich? Verschwindet das Virus? Sind alle Menschen immun? Wird das Virus plötzlich schwächer? Was passiert dann eigentlich?

Susanne Herold: Ja, das ist eine ganz interessante Frage. Die können wir auch eigentlich nicht unbedingt jetzt beantworten. Es gibt im Prinzip zwei Szenarien. Das Szenario 1 ist, dass das Virus zu uns kommt und quasi dann als fünftes Coronavirus, wir haben ja vier verschiedene Coronaviren bei uns in der Bevölkerung, die Erkältungskrankheiten machen ... Das kennen wir, das ist nichts Neues, das gibt es schon lange. Und dass es möglicherweise als fünftes Virus uns erhalten bleibt. Es kann aber auch sein, dass es genauso wie bei SARS damals einfach wieder verschwindet, weil wir durch entsprechende Eindämmungsmaßnahmen alle Infektionsketten unterbrechen können und das Virus dann einfach weg ist. Ganz weg ist es nicht, denn es gibt ja dieses große tierische Reservoir vor allem in den Fledermäusen von Coronaviren. Das haben wir ja jetzt gesehen, denn der Vorläufer dieses aktuellen Virus ist ja ein Virus, was in Fledermäusen vorhanden ist und was wahrscheinlich damals auch der Vorläufer von SARS war. Also es kann dann sein, dass irgendwann einmal wieder so ein Virus wieder auf einen Menschen übergeht und dann vielleicht ein bisschen abgeändert ist in seiner genetischen Zusammensetzung, aber dann wieder ähnlich ist wie wir es jetzt haben. Also das können wir noch nicht so richtig voraussagen. Aber, ja, beides ist möglich.

Seltmann: Was haben Fledermäuse und Menschen gemeinsam, dass sie von den gleichen Viren infiziert werden? Und werden Fledermäuse auch krank?

Susanne Herold: Ja, das ist nicht so ganz klar. Die Fledermäuse werden wahrscheinlich nicht krank, sondern haben das Virus einfach in sich, und es tut ihnen nicht viel. Und dann gibt es natürlich diese spezielle Situation in China, wo der Mensch sehr, sehr eng auch gerade auf solchen Märkten mit allen möglichen verschiedenen Tierspezies zusammen ist auf engstem Raum. Und das ist ja eigentlich was ganz Ungewöhnliches, was in der Natur sonst nie vorkommt. Und man geht auch davon aus, dass es noch einen Zwischenwirt gegeben hat wie damals bei SARS, da war ja der Zwischenwirt die Zibetkatze oder so eine Schleichkatze. Und da gibt es erste Daten dazu, dass es möglicherweise jetzt aktuell auch so war, dass das Virus also von der Fledermaus auf einen anderen Wirt übergegangen ist und dann von diesem Tier auf den Menschen. Und das ist zu erwarten, dass das irgendwann auch mal wieder passiert.

Seltmann: Rechnen Sie denn persönlich damit, dass wir in Deutschland ungeschoren davonkommen?

Susanne Herold: Naja, ich rechne damit, dass wir schon hier und da noch Infektionen haben werden. Ich glaube aber, dass wir gut vorbereitet sind, die einigermaßen einzudämmen. Und es gilt jetzt, wir haben Grippesaison, Und wir bereiten uns jetzt gerade auf die Influenza vor und haben da natürlich auch immer Patienten, die mal schwerkrank sind. Wir müssen jetzt gucken, dass das Coronavirus nicht in seiner Ausbreitung dazukommt, dass wir beides parallel jetzt haben. Aber durch entsprechende Containment-Maßnahmen können wir das sicherlich ganz gut verhindern, dass es eben nicht so einen extremen Peak gibt an Infektionen, wie wir es bei der Influenza immer haben. Und an der Stelle vielleicht auch noch mal: Gegen die Influenza kann man sich impfen. Und zumindest Menschen, die eine Impfindikation haben, sollten das auch wahrnehmen.

Seltmann: Vielen Dank.

Susanne Herold: Gerne.

Seltmann: Und das war der BIH-Podcast „Aus Forschung wird Gesundheit“ aus dem Berlin Institute of Health. Professorin Susanne Herold erklärte die aktuelle Situation mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV 2. Falls auch Sie eine Frage zur Gesundheit oder zur Gesundheitsforschung haben, schicken Sie sie gerne an podcast@bihealth.de. Tschüss und bis zum nächsten Mal sagt Stefanie Seltmann.