Aus Forschung wird Gesundheit.
BIH_Podcast_30_Wie können wir medizinische Daten besser nutzen?
Interviewpartner: Martin Peuker, Chief Information Officer der Charité – Universitätsmedizin Berlin; Michael Mallach, Leiter der IT-Core Facility des Berlin Institute of Health (BIH); Martin Zünkeler, Geschäftsführer der KAIROS GmbH.
Seltmann: Herzlich willkommen zum BIH-Podcast „Aus Forschung wird Gesundheit“ aus dem Berlin Institute of Health, dem BIH, in der Charité. Wir wollen in diesem Podcast Fragen beantworten rund um das Thema Gesundheit und Gesundheitsforschung. Mein Name ist Stefanie Seltmann.
Heute wollen über medizinische Daten sprechen, die in fast unüberschaubarer Menge täglich anfallen, zum einen im Klinikbetrieb, beim Röntgen oder Fiebermessen, zum anderen in der medizinischen Forschung, beim der Genanalyse zum Beispiel. Wie kann man diese vielen und verschiedenen Daten miteinander verbinden, wie kann man sie am besten nutzen und vor allem: Wie können die Patientinnen und Patienten davon profitieren. Für dieses komplexe Thema habe ich heute drei Gesprächspartner eingeladen: Zum einen Martin Peuker, er ist der Chief Information Officer der Charité, Michael Mallach ist Leiter der IT-Core Facility des Berlin Institute of Health (BIH) und der dritte im Bunde ist Martin Zünkeler, er ist der Geschäftsführer der KAIROS GmbH, die verschiedene Universitätskliniken, darunter auch die Charité, und das BIH bei der Datennutzung unterstützt.
Heute wollen über medizinische Daten sprechen, die in fast unüberschaubarer Menge täglich anfallen, zum einen im Klinikbetrieb, beim Röntgen oder Fiebermessen, zum anderen in der medizinischen Forschung, beim der Genanalyse zum Beispiel. Wie kann man diese vielen und verschiedenen Daten miteinander verbinden, wie kann man sie am besten nutzen und vor allem: Wir beginnen mit Ihnen, Herr Peuker, Sie sind letztes Jahr zum CIO des Jahres in der Kategorie öffentlicher Sektor gewählt worden, Herzlichen Glückwunsch!
Peuker: Danke!
Seltmann: Den Preis vergeben hat die Zeitschrift Computerwoche und die Begründung lautete: „Peuker wurde für den Aufbau einer „Health Data Platform“ geehrt, mit deren Hilfe die Charité jederzeit hochwertige Daten für Behandlungs-, Forschungs-, Diagnose- und andere Zwecke bereitstellen kann.“ Verraten Sie uns ein bisschen mehr über diese Health Data Platform. Welche Gesundheitsdaten sind da drin?
Peuker: Ja, vorab: Der Preis war die Belohnung einer großartigen Teamleistung des IT-Bereiches von Charité und BIH gemeinsam. Es wurde unter anderem bewertet, welchen Beitrag die IT in der Pandemie-Situation leistet bzw. geleistet hat. Beispielsweise wie es uns gelungen ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr schnell im Home Office reibungslos arbeiten konnten, wie Studierende den kompletten Unterricht einer Hochschulmedizin fast vollständig virtuell durchführen konnten. Und wie es uns gelingt, vom Anwender gedachte Lösungen, forscherisch wie medizinische Innovationen umzusetzen. Aber natürlich: Das Hauptthema war dabei, bei der Bewertung die Health-Data-Plattform. Also mit dieser Plattform gelingt es uns, ja, den notwendigen ich würde mal sagen Paradigmenwechsel von einer hypothesengetriebenen zu einer eher datengetriebenen medizinischen Behandlung als Fundament einer fortschreitenden personalisierten Medizin zu gestalten. Und natürlich, da spielen Daten aus der elektronischen Patientenakte aus der Intensivmedizin, Normalstation, also ich könnte jetzt ganz viel aufzählen, aus den ambulanten Bereichen, von medizinischen Geräten und zunehmend auch aus genetischen Daten eine große Rolle.
Seltmann: Also Daten sowohl aus der klinischen Behandlung als auch aus der Forschung, wenn Sie sagen, genetische Daten zum Beispiel?
Peuker: Absolut. Das ist genau das Ziel, diese Daten miteinander auch in Kontext zu setzen und zusammenzubringen.
Seltmann: Und wie kommen die Daten auf die Plattform? Wer lädt die da rein? Machen das die Ärztinnen und Wissenschaftler selbst oder helfen Sie ihnen dabei?
Peuker: Das machen die Ärzte und Wissenschaftler nicht alleine, ja? Das erfolgt natürlich automatisch. Das wäre auch viel zu fehleranfällig und auch unter Betrachtung von Sicherheitsaspekten sicherlich nicht sinnvoll. Was wir natürlich tun: Wir besprechen vor ja auch mit Ärzten und Wissenschaftlern, wie wir Daten erheben und wie diese auch sinnstiftend auch zusammengebracht werden. Das ist übrigens ein Thema, welches in der Vergangenheit oft unterschätzt wurde, einfach nur alle Daten zusammenzuladen und dann nicht besonders qualitativ hochwertige Daten zu erhalten.
Seltmann: Und die Daten sind ja auch sicherlich in ganz unterschiedlichen Formaten. Ich denke jetzt an Röntgenbilder. Die bekommt man als Patient ja meistens als CD mit. Das sind riesige Datenmengen. Und andere Formate, Blutwerte, da kriegt man so einen Ausdruck, der sieht aus wie mit der Schreibmaschine getippt. Wie passt das zusammen?
Peuker: Ja, eine gute Frage. Dass Bilddaten und Blutwerte in unterschiedlichen Formaten vorliegen, leuchtet vielleicht noch ein. Entscheidend ist aber, wie standardisiert und strukturiert sind die einzelnen Informationen. Also ich sage mal so, es nützt ja nichts, wenn wir einfach einen Wert auf Papier einscannen und dann so als PDF, das werden viele kennen, verarbeiten wollen. Wir benötigen diese Informationen strukturiert. Also wir sprechen in diesem Zusammenhang auch oft von Interoperabilität, also dass man die Daten übergreifend, egal, wo man sie erhebt, zusammenbringen kann und darauf auch weitere Prozesse steuern kann.
Seltmann: Und Forschungsdaten, jetzt kommen wir mal zu Herrn Mallach, haben ja noch einmal eine andere Struktur und häufig noch ganz andere Formate, zum Beispiel Daten aus der Gensequenzierung. Wie können Sie die denn mit den Gesundheitsdaten aus dem Klinikbetrieb kompatibel oder interoperabel machen?
Mallach: Ganz genau. Forschungsdaten entstehen ja üblicherweise in einem anderen Kontext. Und die Schwierigkeit besteht in der Tat darin, diese Daten mit klinischen Versorgungsdaten in einen Zusammenhang zu bringen, wie es gerade ja auch schon erwähnt wurde. Nehmen wir beispielsweise Forschungsdaten, die auf molekularer Ebene entstehen bzw. molekulare oder genetische Prozesse beschreiben. Diese Daten haben oft keinen direkten Patientenbezug bzw. sind im Kontext der konkreten wissenschaftlichen Fragestellung pseudonymisiert erhoben worden. Spannend wird es aber genau dann, wenn diese Daten in Bezug zu realen Krankheitsdaten gebracht werden, um Auffälligkeiten oder Zusammenhänge herstellen zu können.
Seltmann: Herr Zünkeler, dabei hilft die Kairos GmbH?
Zünkeler: Absolut, ja. Wir haben uns sehr früh schon mit der Charité zusammengetan, um neue Wege zu gehen, weil früher war es immer so, dass Daten gerne in ihren ursprünglichen Datentöpfen ich sage mal archiviert wurden. Und dann waren sie dann da. Das heißt, die Kardiologen hatten ihr System, die Onkologen hatten ihr System, die Labormitarbeiter haben ihr System, die Damen und Herren in der Pflege hatten ihr System etc. etc. etc. Eigentlich wo man sagen muss, na ja, also dieses Denken in einzelnen kleinen Boxen hilft ja gar nicht so viel. Wir müssen das umspannender sehen. Und so haben wir am Comprehensive Cancer Center gemeinsam angefangen, Daten aus der Biobank mit Daten aus dem klinischen Krebsregister und eben mit Daten aus der Versorgung zusammenzuführen in einen Datentopf, um eben neu Beziehungszusammenhänge bei diesen durchaus gut funktionierenden und auch gut vorliegenden Daten erreichen zu können. Das war quasi unsere erste ich nenne es mal Angelroute, die wir für die Daten aufgebaut haben. Und dann hatten Martin und Michael die klare Mission: Wir müssen eine Health-Data-Plattform aufbauen. Das heißt, es reicht nicht mehr aus, einen Teilbereich, hier die Onkologie, aufzusetzen, sondern wir müssen natürlich an die Charité insgesamt denken. Und so ist dann dementsprechend auch dann die Health-Data-Plattform auch entstanden. Und da helfen wir natürlich auch mit. Absolut.
Seltmann: Ja. ich muss vielleicht einmal noch eine kleine Übersetzung einführen. Also Onkologie, da sind wir also bei den Krebspatientinnen und den Krebspatienten, ein ganz wichtiger ein ganz großer Bereich. Viele Patientinnen und Patienten erkranken jedes Jahr an Krebs. Und da muss man einfach die Daten aus der Untersuchung des Tumorgewebes beispielsweise, also welche Gensequenz ist da drin, sind da viele Immunzellen drin, mit dem tatsächlichen Krankheitszustand des Patienten zusammenbringen, damit man dann auch weiß, funktioniert die Therapie, schrumpft der Tumor, geht es dem Patienten gut oder schlecht. Oder wie kann man sich das konkret vorstellen?
Zünkeler: Genau, also das sind genau die Messwerte, die man dann erreichen kann. Jetzt man muss auch sagen, Man sieht ja, ob ich einen Tumor zerstöre oder auch Normalgewebe. Das kann ich ja tatsächlich auch nachweisen. Und das lässt sich natürlich dann auch sehr, sehr gut an den Daten erkennen. Und ich nehme ein Beispiel: Wir können natürlich sehr leicht hingehen und sagen, bei diesen Biomarkern, Temperatur messen ist auch schon ein Biomarker, wenn ich das jetzt ergänze um weitere Laborwerte, sind auch Biomarker dabei, weitere Molekularwerte, fange ich an, den Patienten individueller zu betrachten. Das heißt, ich gucke mir nicht nur das Alter an, ich gucke mir nicht nur die Temperatur an, sondern ich fange an, weitere Biomarker hinzuzuführen und habe dementsprechend einen genaueren Blick auf das Individuum. Und das kann ich natürlich dann sehr gut vergleichen, wie hat das denn dieses Individuum ... die Therapie oder das diagnostische Verfahren vertragen. Das kann ich dann genau eben damit machen. Das heißt, ich komme raus aus der reinen Hypothese, so wie es Martin eingangs gesagt hat, dahin, dass ich auch sagen kann, jetzt hole ich mir die Daten entsprechend dazu, dass ich das sauber darlegen kann.
Seltmann: Und Hypothesen-getrieben hieße dann sozusagen als Gegensatz: Der Arzt glaubt, das wird ein gutes Medikament sein, das wird dem Patienten schon helfen, Und Sie, Herr Peuker, Sie gucken dann in die Health-Data-Plattform und sagen ihm: Naja, wenn ich mir die Daten so anschaue, dann funktioniert es zwar beim Patienten A ganz gut, aber bei der Patientin B leider nicht.
Peuker: Ja, viel wichtiger ist, nicht, dass ich reinschaue, sondern es ermögliche allen Wissenschaftlern, die darauf zugreifen dürfen, damit zu arbeiten und das einem viel größeren Kreis auch der Wissenschaft zugänglich mache. Ich glaube, ein ganz wesentlicher Punkt auch des BIHs, ein translationaler Forschungsbereich wirklich werden zu können.
Seltmann: Und dass eben die Ärzte nicht nur die Ergebnisse von ihren eigenen Patientinnen und Patienten sehen können, sondern auch die von den Kollegen, die wieder andere Patienten, aber mit dem gleichen Krankheitsbild, behandeln, dass man sozusagen eine größere Stichprobe erhält. Kann man sich das so vorstellen?
Mallach: Ja, ganz genau. Allerdings natürlich immer unter den wirklich sehr strengen Regeln des Datenschutzes. Also das ist natürlich über all dem ganz, ganz wichtig, dass man hier nicht Dinge erlaubt, die nicht erlaubt sind. Das muss man klar sagen.
Seltmann: Ja, Datenschutz, ein ganz wichtiges Thema, da kommen wir gleich noch mal drauf.
Mallach: Ja, ich wollte das auch nur noch mal ergänzen, weil Sie sagten, dass „wir da reingucken“. Also wir schaffen die technologische Basis. Wir bringen die Daten an die Oberfläche. Die Interpretation und die Zusammenhänge, das inhaltliche Interpretieren, das ist natürlich Aufgabe des Arztes bzw. eben des Wissenschaftlers, das muss man ganz klar sagen. Aber wenn man das vergleicht mit dem Mikroskop, also das vor ich weiß gar nicht genau 150 Jahren, glaube ich, entwickelt wurde, dann ist das ja auch erst mal nur eine Technik, aber die hat ganz andere Möglichkeiten gegeben, ja, auf Dinge zu schauen. Und so ähnlich muss man das also auch hier sehen. Wir schaffen Technik. Wir bilden hier die Möglichkeit, dass man diese Daten erst mal überhaupt sichtbar macht. Und der Rest ist natürlich dann nach wie vor die wichtige Aufgabe des Arztes und des Wissenschaftlers.
Seltmann: Jetzt haben nicht nur die Daten unterschiedliche Formate, sondern vielleicht auch die Endgeräte. Mir ging es zum Beispiel neulich so, dass ich Röntgenaufnahmen vom Radiologen auf einer CD mitbekam und die der Orthopäde nicht lesen konnte, einfach nur, weil er einen Apple-Computer hatte und der Radiologe mit Windows arbeitete. Jetzt kann man ja nicht allen Ärztinnen und Wissenschaftlern vorschreiben, sie müssen jetzt alle mit denselben Geräten arbeiten. Also auch dafür müssen Sie Lösungen finden.
Mallach: Genau. Aber daher ist die Definition von Standards ein so wichtiger Schritt. Ähnlich wie sich in der Industrie schon seit Jahren zum Beispiel DIN-Normen durchgesetzt haben, brauchen wir in der Medizin Standards für Daten und Datenformate.
Seltmann: Jetzt könnte ich mir vorstellen, dass da eine ganze Menge an Daten zusammenkommt, wenn ich mir überlege, die Charité hat, glaube ich, 500.000 Patienten jedes Jahr ambulante und stationäre, und es gibt ja nicht nur die Charité, und Sie wollen ja auch mit anderen Universitätskliniken zusammenarbeiten. Ich könnte mir vorstellen, dass diese unfassbar vielen Daten auch unfassbar viel Platz benötigen, einmal zum Speichern, dann muss man sie ja auch abrufen und verarbeiten können. Wie gehen Sie denn diese Herausforderung an? Bauen Sie auch riesige Speicher und Server und superbreite Datenautobahnen?
Mallach: Genau das machen wir im Grunde. Insbesondere die superbreiten Datenautobahnen sind sehr wichtig, um die großen Datenmengen überhaupt über unseren Campus transportieren zu können. Aber Speicher und Rechenpower spielen natürlich auch eine große Rolle. Und da rüsten wir enorm auf. Verglichen mit anderen Wissenschaften wie zum Beispiel, also mit datenintensiven Wissenschaften wie der Quantenphysik oder der Astrophysik, sind die Daten natürlich überschaubarer, sagen wir mal so. Aber wir reden hier auch über Petabytes. Also ein Petabyte sind, jetzt muss ich selber mal überlegen, 1000 Terabytes. Also das sind schon enorme Datenmengen, die hier anfallen.
Peuker: Vielleicht kann ich das noch ergänzen. Wir können es ganz konkret machen für die Charité. Also die Charité ist leider bei weitem noch nicht voll digitalisiert. Das ist unsere gemeinsame Zukunftsvision ins Jahr 2030, alle Prozesse zu digitalisieren: Wir haben derzeit ca. so um die sechs Petabyte, das stimmt, 6000 Terabyte, damit kann man ja vielleicht was anfangen, wenn man so ein Notebook hat, was ein Terabyte hat, also 6000-mal so viel haben wir derzeit schon digitalisiert. Aber wir sind bei weitem noch nicht fertig. Also gerade in dem Bereich der genetischen Daten, erwarten wir noch ein wirklich höheres exponentielles Wachstum auch. Oder im Bereich der Pathologie, wo wir im Gegensatz zur Radiologie, wo wir bereits sehr weit fortgeschritten sind im Bereich Digitalisierung, noch nicht vollständig da sind. Und das sind noch mal ganz andere Datenvolumina, die wir auch verarbeiten müssen. hier würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass wir auch in Hinsicht der Regulatorik mehr und mehr auch auf Partner zurückgreifen könnten, die durchaus eher mehr Cloud-getriebene Ansätze, was wir derzeit bei Patientendaten nicht nutzen können, durchführen könnten.
Seltmann: Herr Zünkeler, vielleicht könnten Sie hier mal erklären, wie Kairos genau bei zum Beispiel diesem riesigen Problem des Datenspeicherns und -nutzens helfen kann?
Zünkeler: Die Frage zum Beispiel, die wir gerade hatten, wir kommen sicherlich noch mal drauf, das Thema Datenschutz. D er deutsche Datenschutz ist eigentlich so cool, so gut, der müsste eigentlich exportiert werden. Weil das ist ein richtig gutes Geschäftsmodell. Weil wir kennen andere Länder, ich würde zum Beispiel sagen die USA, das ist Wilder Westen. Da wird einfach mit den Daten hin und her gespielt, wo man wirklich sagen kann: Diese Mentalität wollen wir doch genau im Gesundheitswesen nicht haben. Das heißt, manchmal schimpft man auf Regularien, aber wir halten eben das eher umgekehrt. Ich weiß, dass es cool aussieht, auf dem Motorrad ohne Helm zu fahren, aber der Datenschutz ist unser Schutzhelm. Und das muss man eben genau dabei betrachten. Also man soll ihn nicht als Hindernis sehen nach dem Motto: Da kann ich nicht mit atmen. Oder Diskussionen, die wir jetzt bei Masken haben: Ach, ich kann aber nicht atmen. Das ist ein Schutz für sich selbst und auch für andere. Und genauso muss man den Datenschutz auch akzeptieren. Und dann ist es eigentlich kein großes Problem mehr. Man muss es machen, man muss es beachten.
Seltmann: Herr Peuker?
Peuker: Na ja, wenn wir jetzt schon das Thema Datenschutz so direkt ansprechen, ja? ich sehe es wie Martin Zünkeler. Ich finde schon, dass Regulatorik extrem wichtig ist, ja? Nur, in der Vergangenheit, zurzeit haben wir es zum Teil auch noch so, gönnen wir uns, ich will es vorsichtig formulieren, immer noch Bundesland-einheitliche Regelungen. Und das passt einfach nicht, wenn wir hier Wissenschaft wirklich gemeinsam vorantreiben wollen. Ich bin der Meinung, dass die Regulatorik größer, national am besten, für uns am besten, auch aus der Wissenschaftssicht gesprochen, ja auch europäischen Ansatz wirklich komplett einheitlich gelten sollte und dass die Ergebnisse, die erzielten Ergebnisse, die wirklich dem Patienten auch helfen, in einem Open-Access-Ansatz auch genutzt und zur Verfügung gestellt werden müssen. Ich glaube, das ist ein Ansatz, der muss allen zugutekommen. Und deswegen ist Regulatorik absolut notwendig.
Seltmann: Also man sollte sich nicht das Ziel setzen, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu vereinbaren, sondern schon auch sinnvolle Datenschutzregelungen unbedingt auch europaweit einbehalten?
Peuker: Das wäre wünschenswert, wenn wir das schaffen können. Also erst mal national, aber das möglichst auch im europäischen Kontext zu denken. Ich glaube, wir brauchen einfach die vergleichbaren Zugänge auch zu Daten, zu den Ergebnissen, und die wir müssen allen im Sinne der Patienten zur Verfügung stellen.
Seltmann: Und es ist durchaus möglich, Daten geschützt zu nutzen?
Peuker: Absolut. Das zeigen ja auch Initiativen und Use Cases, ja, die wir ja auch derzeit hier schon gemeinsam umsetzen. Ich denke mal, jeder, der auf Daten sitzt, soll nicht mehr sagen, das ist mein Bereich, darauf sitze ich jetzt, sondern umgekehrt, ich habe die Verantwortung, diese Daten auch einzusetzen. Und das natürlich zur besten Sicherheit und mit besten Sicherheitsmethoden. Aber wir müssen es genau umdrehen. Das heißt, ich muss, sobald ich anfange, Daten zu speichern, muss ich das Bestreben haben, diese Daten auch einzusetzen. Und ich glaube, wenn man das hat, dann haben wir auch den nächsten Schritt erreicht. Also es sind nicht meine privaten Daten, auf denen ich sitze, sondern es sind Daten, genau wie Martin es gesagt hat und auch Michael, die wollen wir teilen, die wollen wir zu was Größerem machen, damit wirklich jeder davon profitieren kann. Insbesondere Patient und Patientin. Weil es gibt Initiativen, die drehen das genau um und die sagen: Use my data. Und da müssen wir, glaube ich, auch hinkommen, dass wir auch diesen Auftrag, den wir eigentlich alle haben, was aus den Daten heraus zu machen, den auch sehr, sehr ernstnehmen und nicht uns verstecken hinter: Oh, das sind viele, viele Regularien, und da weiß ja keiner ganz genau, was da passiert. Nein, wir haben die Verantwortung, Daten einzusetzen, so weit und so bestmöglichen Ergebnissen damit zu kommen. Das ist für uns ganz klarer Auftrag.
Seltmann: Die Patientinnen und Patienten sind ja bestimmt auch bereit, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, wenn sich herausstellen sollte, dass es für sie nützlich ist.
Peuker: Absolut. Also aus der Erfahrung können wir sagen, dass die Mehrheit der Patientinnen und Patienten, also ich würde sagen, über 98 Prozent da immer zustimmen. Und das zeigt ja auch die Bereitschaft, Daten auch der Wissenschaft und der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen.
Seltmann: Herr Mallach, wie ist das denn mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern? Sitzen die vielleicht eher ängstlich auch auf ihren Daten, weil sie Angst haben, dass vielleicht ein anderer Wissenschaftler oder Wissenschaftlerin möglicherweise irgendwas Spannendes in ihren Forschungsdaten findet, was sie selbst übersehen haben, und dann Ruhm und Ehre einheimst für Dinge, die er selbst gar nicht gemacht hat?
Mallach: Ja, das ist in der Tat ein ganz wichtiger Punkt, den Sie ansprechen. Auch hier die Bereitschaft zum Teilen von Daten. Wie Sie gerade schon sagten, wir haben wissenschaftlichen Wettbewerb. Es gibt patenturheberrechtliche Fragen zu klären. Aber letztendlich brauchen wir eine Kultur des Austausches und der Transparenz. Ähnlich wie in wissenschaftlichen Publikationen auf fremde Textquellen referenziert wird, sollte auch die weitere Nutzung von Daten mit Quellverweisen zum Beispiel versehen werden können, sodass auch klar ist, in welchem Kontext sind Daten erhoben worden, wer hat da auch die initiale Arbeit geleistet usw. Und diese Initiativen, die finden wir ja gerade ganz stark. Und auch das BIH ist ja da mit dem QUEST sehr stark unterwegs. Sogenannte Open-Science, Open-Data-Initiativen haben genau das zum Ziel, dass man im Prinzip nach gewissen zum Beispiel Embargozeiten, wo man sagt, okay, das ist eben verständlich, dass ich jetzt etwas Neues natürlich nicht sofort teilen möchte, sondern erst mal das so weit auf ein Niveau bringe, das veröffentlicht wird. Aber mit der Veröffentlichung ist es dann auch so, dass ich dann diese Dinge teilen möchte und dass ich das auch teilen kann. Und das ist eben noch nicht so bei allen Wissenschaftlern. Ich glaube, das ist so ein bisschen so ein Umdenken. Aber da muss es hingehen auf jeden Fall.
Seltmann: Das Bundesforschungsministerium, das BMBF hat die Bedeutung der medizinischen Daten und der Medizininformatik ja auch erkannt und hat die Medizininformatikinitiative gegründet. Sie fördert Vorhaben in diesem Bereich mit 150 Millionen Euro. Davon haben auch Sie profitiert, Herr Peuker?
Peuker: Ja, na, davon profitieren wir alle. Vor allem, wenn es gelingt, hervorragende Use Cases, die auch im BIH vorangebracht werden, national nutzen zu können.
Seltmann: Das müssen Sie jetzt noch mal kurz übersetzen: Was sind die Use Cases?
Peuker: Wir machen ja nicht IT zum Selbstzweck. Wenn wir IT aufbauen, dann muss das ja einen Sinn, einen Zweck erfüllen. Und wir machen das an wir nennen es Use Cases, anhand von Beispielen, wo man wissenschaftlich einen Nutzen von zieht, auch medizinisch.
Seltmann: Nennen Sie doch mal einen Use Case.
Peuker: Zum Beispiel in der Infektionskontrolle. Also wir innerhalb dieser Medizininformatikinitiative sind ja ein Standort des Highmed-geförderten Konsortiums unter Leitung eines BIH-Professors, Roland Eils, Und hier unterstützen wir diese beschriebenen Use Cases. ich gebe mal ein Beispiel aus der Infektionskontrolle, wo eine Vorhersage und ein Überwachungstool zum Ausbruch multiresistenter Keime entwickelt wurde. Und wenn man jetzt mal das letzte Jahr die Covid-Pandemie mal schaut, wie vorausschauend das war, denn wir konnten quasi in Wochenfrist diesen Use Case, wie wir ihn nennen, um virologische Daten erweitern. Und daran kann man ja gut sehen, dass diese Initiative auch innerhalb der Pandemiesituation wirkt, diese in den Griff zu bekommen. Und das vor allem jetzt nicht nur singulär auf den Berliner Raum, sondern deutschlandweit vorangebracht werden kann. Und das ist exzellent gelungen.
Seltmann: Das heißt, Sie waren schon ganz gut vorbereitet auf die COVID-19-Pandemie?
Peuker: Also das kann man in diesem Fall auf jeden Fall so sagen, also dass die Voraussetzungen, die hier geschaffen wurden, auch nicht nur an der Charité, sondern in den Konsortien, auch an anderen universitären Standorten wie Göttingen, wie Hannover, wie in Heidelberg, aber vor allem auch das Institut für Hygiene an der Charité hier diese Voraussetzungen schon geschaffen hat, dass es relativ einfach war, eine Erweiterung gerade in der Pandemie, also hier am Beispiel virologischer Daten, relativ schnell zu erweitern.
Seltmann: Jetzt während COVID-19-Pandemie, Sie haben es gesagt, spielte der schnelle Austausch von Daten aus der Forschung und aus der Klinik eine ganz wichtige Rolle. Da hatte man den Eindruck, das klappt schon ganz gut. Weltweit wurden Ergebnisse im Sekundentakt veröffentlicht und ausgetauscht und offen zur Verfügung gestellt. Hat die Pandemie damit der Digitalisierung in der Medizin einen kräftigen Schub verliehen?
Peuker: Also absolut, das muss man einfach sagen. Ich würde sogar sagen, in einer nie da gewesenen Agilität, und Bereitschaft, gemeinsam an Herausforderungen zu arbeiten, war wirklich phänomenal. Und man sollte sich wirklich mal überlegen jetzt, vielleicht mit ein wenig Abstand, welche Themen, die da wirklich sehr gut im Bereich der Digitalisierung gelungen sind, durchaus auch post COVID in die Zukunft weiter zu transportieren, um hier vielleicht auch zukünftige Forschungsansätze oder Initiativen ganz konkret zu fördern und diese auch sinnstiftend für den Patienten voranzubringen.
Zünkeler: das kann ich nur bestätigen. von unserer Seite aus als industrienahes Unternehmen ist es so, dass wir wirklich gemerkt haben, dass die Digitalisierung einen enormen Schub durch COVID erreicht hat, weil es einfach auch notwendig war. Jetzt konnte man nicht mehr debattieren und nicht mehr überlegen, sondern es musste gehandelt werden. Und ich glaube, das war auch einer der wichtigsten Pfade, wo man auch sagen kann, wenn gehandelt wird, dann kommt man auch zu sehr schnellen und guten Ergebnissen. Und da ist es natürlich großartig, wenn entsprechende Dateninfrastrukturen vorhanden sind und auch weiter dadurch ausgebaut werden können. Weil am Anfang hat es natürlich überall ein bisschen gequietscht. Wir sind ja nicht nur an der Charité, sondern wir sind insgesamt an 30 der Universitätskliniken mit unseren Lösungen unterwegs. Und das heißt, wir haben einen ganz guten Überblick über diese Universitätslandschaft in Deutschland. Und da muss man einfach sagen, es hat sehr geholfen, dass leider dieses Virus uns alle so in den Bann gezogen hat. Es sind einfach Entscheidungen schneller vorgenommen worden. Und dementsprechend sind eben auch nicht nur Provisorien gebaut worden, sondern Sachen, das ist das Schöne an der IT, die wir auf jeden Fall auch wiederverwerten und dementsprechend auch nachhaltig sind.
Seltmann: Stichwort Digitalisierung in der Medizin: Deutschland hat ja eines der angeblich besten Gesundheitssysteme der Welt, liegt aber ziemlich weit hinten, was die Digitalisierung des Gesundheitswesens angeht. Warum ist das so? Stimmt das überhaupt, Herr Peuker?
Peuker: Na ja, dass wir weit hinten liegen, das ist ja auch bestätigt durch ganz verschiedene Studien. Oft wird referenziert auf eine Studie von der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2018, wo, ich glaube, im europaweiten Vergleich Deutschland auf dem vorletzten Platz liegt. Jetzt muss man aber sagen, dass das meiner Meinung nach derzeit überhaupt nicht mehr stimmt. Und ich glaube auch, wenn man eine neue Studie in zwei, drei Jahren machen wird, dann wird Deutschland viel weiter vorne zu sehen sein. Warum ist das so? Und das kann man ganz klar sagen, das ist natürlich ein Zusammenwirken verschiedener Bereiche. Das Forschungsministerium, das Gesundheitsministerium. Auch die Bereitschaft in den Häusern ist enorm gestiegen, und die Digitalisierung ist einfach in den Mittelpunkt gerückt. Also Gesetzesinitiativen wie das Krankenhaus-Zukunftsgesetz, digitale Versorgungsgesetz im Bereich der Pflege, überall sind Anwendungen entstanden. Man muss sich auch mal vorstellen, vielleicht als ein Beispiel werden ja immer DiGAs genannt, also diese digitalen Gesundheitsanwendungen. Wir sind das erste Land weltweit, welches Apps auf Rezept verschreiben kann. Und das ist im letzten Jahr gestartet, da gibt es schon ein paar. Also ich bin da sehr zuversichtlich, dass Deutschland nicht mehr auf dem vorletzten Platz, sondern eher auch Innovationstreiber werden kann.
Seltmann: Herr Zünkeler, sehen Sie das auch so?
Zünkeler: Absolut. Und ich würde eigentlich das Bild auch differenzierter sehen wollen. wir haben auch eine Niederlassung in Boston. Und ich muss ehrlich sagen, also das, was ich dort an Universitätskliniken gesehen habe, wo wir auch mit hineindurften, das hat mich doch auch alles sehr, sehr stark an Deutschland erinnert. Ich will nur ein Beispiel geben. Dort gibt es eben ein großes, großes onkologisches Schwerpunktkrankenhaus in Texas. Das hat tatsächlich quasi für jede Studie eine eigene Datenbank. Und Sie können sich das vorstellen, dass jeder dieser Studienärztinnen und -ärzte sein eigenes Vokabular nutzt. Das heißt, wie kriegen Sie dann, wenn Sie dann mehr als 200, 300 Studien in dem gleichen System, aber in unterschiedlichen Datentöpfen ... wie kriegen Sie das jemals wieder vereinigt?
Seltmann: Herr Peuker, bei der Preisverleihung zum CIO des Jahres haben Sie gesagt, die Medizin wird einen großen Sprung machen, wenn es uns gelingt, die Daten zu nutzen. Das hört sich natürlich sehr vielversprechend und schön an zunächst, aber auf den zweiten Blick erschreckt es auch ein bisschen, weil es sich so anhört, als würden die medizinischen Daten noch gar nicht genutzt. So stimmt es ja hoffentlich auch nicht?
Peuker: Na ja, so gar nicht genutzt, haben wir ja eben schon besprochen, stimmt ja nicht. Aber es soll ja auch bisschen provozieren. Ich finde einfach, wir nutzen die Daten noch viel zu wenig, ja? Ich bin der Überzeugung, dass an der Charité mit einem sehr starken translationalen Forschungsbereich, also was das BIH jetzt einbringt, ein Garant ist, in Zukunft die Daten noch viel mehr nutzbar zu machen. Also vor allem auch sind wir in einer exzellenten Position meiner Meinung nach, vor allem auch qualitativ hochwertige Daten wissenschaftlich begründet nutzbar zu machen. Und das haben wir einfach in der Vergangenheit zu wenig. Also dass wir sie gar nicht nutzen, würde ich nicht sagen. Da gibt es gute Beispiele. Aber hier kann noch viel, viel mehr Innovationskraft wissenschaftlich begründet entstehen.
Seltmann: Herr Mallach, wie gut werden die Forschungsdaten schon genutzt? Werden die wirklich nur von der einzelnen Abteilung genutzt, die ihre eigenen Daten auswerten, oder wie weit ist es denn schon mit Open Data?
Mallach: Da gibt es natürlich schon auch gute erste Schritte. Aber da würde ich sagen, ist auch noch viel Luft nach oben. wir reden ja bei dieser ganzen Open-Science-Debatte derzeit eher über Open Access, das heißt überhaupt Verfügbarmachung der Publikation in einem digitalen Format. Also da geht es natürlich dann noch gar nicht mal um die Daten, sondern dass diese Publikation frei verfügbar ist. Und Open Data, da ist schon noch ein Weg zu gehen. Und insbesondere bei uns ist es natürlich in der biomedizinischen Forschung auch noch mal etwas komplexer, das muss man ganz klar sagen. Wenn man sich jetzt eine Ingenieurswissenschaft nimmt, eine technische Wissenschaft, wie auch immer, dann ist das klarer und einfacher. Wir haben hier in der Biomedizin auch aufgrund natürlich der Themen Datenschutz usw. schon noch mal ein höheres Schutzniveau. Und dem muss man auch gerecht werden.
Seltmann: Ziel der ganzen Datenaufbereitung und vor allen Dingen der Datennutzung ist natürlich der Mensch, der Patient und die Patientin. Auf welchem Gebiet, glauben Sie denn, wird der größte Nutzen entstehen? Eine Antwort hätte ich gern von ihnen allen dreien. Herr Peuker darf beginnen.
Peuker: Ja, also auch wenn es jetzt extrem umfassend klingt, bin ich der Überzeugung, dass, wenn man es richtig macht, dass sich so ziemlich auf allen Gebieten etwas Positives ändern wird und ändern kann. Und zwar, also ich gebe auch mal ein Beispiel, wo wir besonders stark sein werden in Berlin, da wage ich einfach die Prognose: im Bereich der seltenen Erkrankungen, dass es da aufgrund von Datennutzung wesentlich bessere Erkenntnisse gibt. Ich glaube, da werden wir ganz weit vorankommen. Also wir haben es uns ja auch in die Strategie 2030 geschrieben, dass wir gerade auch Grenzbereiche fächerübergreifend erforschen wollen. Und das ist natürlich ein Schwerpunkt, Seltene Erkrankungen. Und hier hoffe ich schon, dass wir aus der IT heraus des BIH, der Charité einen Nutzen durch die Health-Data-Plattform schaffen werden, hier ganz erfolgreich zu werden.
Seltmann: Herr Zünkeler?
Zünkeler: Ja, also ich glaube, bei aller Freude auf die personalisierte Medizin steckt es ja schon in dem Wort: Die muss patientinnengerecht sein, das heißt, die Patienten sind letztendlich der Ursprung aller Tätigkeit, die wir haben. Und wenn wir das berücksichtigen durch entsprechende Hilfsmittel, die Patientinnen einzubinden, dann gelingt uns wirklich eine ganze Menge. wenn wir personalisierte Medizin haben, und wir haben das Personal jetzt in den Krankenhäusern, wir wollen zu einer individualisierten persönlichen Therapie hinkommen, wie wollen wir das denn schaffen mit den Kräften und Personal, was wir heute an den Krankenhäusern haben? Da müssten wir ja locker das Zwei- bis Dreifache an Personal einstellen. Das wird keiner bezahlen können. Das heißt, wir sind darauf angewiesen, die IT und damit auch die Datenkulturen und Datenstrukturen deutlich zu verbessern, damit wir dieses Ziel erreichen. Und das geht nur mit dem Patienten, mit der Patientengemeinschaft. Sonst haben wir da keine Chance. Das heißt, wir fangen an mit der Genehmigung, die Daten zu nutzen, sei es eben durch eine Einwilligungs-App. Der nächste Schritt, der definitiv kommen wird, ist: Wer will denn die ganze Dokumentation machen? Das können wir in Krankenhäusern teilweise gar nicht mehr stemmen. Das heißt, wir müssen in der Lage sein, auch den Patienten, die Patientin in die Lage zu versetzen, dass die einfache Fragen direkt selbst dokumentieren. Das heißt, ein Teil der Dokumentation muss vom Patienten durchgeführt werden, damit wir eben auch eine hohe Individualisierung bekommen. Und wenn Sie diese beiden Aspekte schon sehen, dann sehen Sie, welche Sprengkraft dann tatsächlich auch hineinkommt, und dann natürlich auch, welche Dynamik wir erreichen können.
Seltmann: Herr Mallach?
Mallach: Ich will mal den Blick auf die Forschung oder zumindest auch des BIH als Translations-Hub noch mal lenken. Also ich denke, dass genau dieses Thema Übersetzung von den Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung, die insbesondere in der Genetik, in der Molekularmedizin ja wirklich in zahlreicher Form passieren, dieses aber eben derzeit sich noch nicht am Patienten durch Therapie, durch Medikamente niederschlägt und dass dieser Zeitraum noch viel zu lange braucht und dass genau hier durch intensive Nutzung von Daten und Datenverarbeitungstechnologien, dieser Zeitraum deutlich verkürzt werden kann und auch muss zum Wohle des Patienten am Ende.
Seltmann: Also aus Forschung wird Gesundheit, unser Motto, nur schneller dank Daten?
Seltmann: Mallach. Genau.
Seltmann: Ja, dann bedanke ich mich mal ganz herzlich bei allen meinen drei Interviewpartnern für diese spannende Dreiviertelstunde Gespräch. Und das war der BIH-Podcast „Aus Forschung wird Gesundheit“ aus dem Berlin Institute of Health, dem BIH. Martin Peuker, Chief Information Officer der Charité, Michael Mallach, Leiter der IT Core Facility des BIH, und Martin Zünkeler, Geschäftsführer der Kairos GmbH, waren heute unsere Gesprächspartner und erklärten, wie medizinische Daten besser genutzt werden können und wie das Patientinnen und Patienten helfen wird. Falls auch Sie eine Frage zur Gesundheit oder zur Gesundheitsforschung haben, schicken Sie sie gerne an podcast@bihealth.de. Tschüss und bis zum nächsten Mal sagt Stefanie Seltmann.